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Schuldenbereinigung mit RTL / Teil II (Insolvenzverfahren, Schuldnerberatung)

Nur vorab, damit kein falscher Eindruck entsteht: Herr Zwegat ist sicher auch im normalen Leben ohne RTL ein engagierter und erfahrener Schuldnerberater, dessen Kompetenz ich hier nicht in Frage stellen will. Allerdings werde ich in manchen Folgen von "Raus aus den Schulden" stutzig. So auch wieder bei der Sendung vom 14. November 2007.

Es ging darin um ein Ehepaar, das sich Anfang der 90er Jahre mit einem Gartenfachmarkt völlig überhoben hatte und seither trotz der Veräußerung des Grundstücks auf Schulden in Höhe von ca. € 500.000,- sitzt. Aktuell verdienen beide zusammen gerade mal € 1.550,-. Die monatlichen Einnahmen fließen auf ein Konto des Sohnes, für welches die Eheleute zeichnungsberechtigt sind.

Nutzung eines fremden Kontos = Geldwäsche?

Nun ist Strafrecht nicht wirklich mein Fachgebiet, aber als Herr Zwegat den Sohn beiseite nahm, streng anblickte und ihm erklärte, es sei Geldwäsche, wenn man anderen sein Konto zur Abwicklung ihres Zahlungsverkehr zur Verfügung stellt, schoß mir sofort durch den Kopf: "Das kann nicht sein!"

Geldwäsche betreibt - etwas verkürzt gesagt - nach § 261 des Strafgesetzbuches jemand, der einen Gegenstand, der aus einem Verbrechen, aus einem Bestechlichkeitsvergehen, aus einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, aus Schmuggel oder aus gewerbsmäßiger Steuerhehlerei herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet.
Die Ehefrau in unserem Fall bezog Lohn aus ihrer Arbeit in einem Fleischereifachgeschäft, der Ehemann erhielt staatliche Zuwendungen als ABM-Kraft. Daß sie darüber hinaus Einnahmen aus Drogenhandel, Raub oder Schmuggel erzielten und auf das Konto ihres Sohnes einzahlten, muß mir irgendwie entgangen sein.

Nochmal im Klartext: Den monatlichen Lohn über ein fremdes Konto laufen zu lassen, ist keine Geldwäsche im Sinne des § 261 StGB. Ich bezweifle, daß dieses Verhalten im konkreten Fall überhaupt strafrechtliche Relevanz hatte. Man könnte allenfalls an § 288 StGB denken. Wenn sie allerdings bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das Konto des Sohnes als Gehaltskonto angegeben haben, droht wohl auch aus dieser Richtung keine Gefahr. Und überhaupt lagen die Einkommen der beiden doch ohnehin im unpfändbaren Bereich.

Im übrigen ist es gar nicht so selten, daß Schuldner über kein eigenes Konto mehr verfügen und folglich geradezu gezwungen sind, sich von Freunden oder Verwandten helfen zu lassen - einfach deshalb, weil keine Bank ihnen eins geben möchte.

Anspruch auf ein Girokonto

Da hilft es auch nicht, daß uns der Sprecher aus dem Hintergrund mitteilt, in Deutschland habe jeder Anspruch auf ein Girokonto ohne Dispokredit, denn das ist in dieser Pauschalität nicht ganz richtig.

Glück kann man allenfalls bei den öffentlich-rechtlichen Sparkassen haben. Diese wurden in manchen Bundesländern ausdrücklich zur Führung von Girokonten verpflichtet, so z.B. durch § 5 der Sächsischen Sparkassenverordnung. In den übrigen Bundesländern ohne entsprechende gesetzliche Regelung (und das sind die meisten), kann man den Anspruch auf ein Girokonto allenfalls aus dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen herleiten. Ich wage mal die Behauptung, daß man bei einem störrischen Gegenüber am Schalter mit diesem Argument keinen sofortigen Erfolg verbuchen können und im Ernstfall auf gerichtliche Hilfe angewiesen sein wird.

Die privaten Geschäftsbanken kann man erst recht nicht mit dem Hinweis auf ihren öffentlichen Auftrag zur Aufnahme von Kunden, die sie aus irgendeinem Grund nicht mögen, nötigen, denn einen solchen haben sie nicht. Mehr zu diesem Thema bei "Statt Aller".

(Und für alle, die trotz des "Anspruchs" partout keine Bank zur Führung eines Girokontos überreden können, hier noch ein Tip.)

Gläubiger vergessen - Insolvenzverfahren futsch?!

Ebenfalls nicht von Herrn Zwegat, sondern von der Stimme aus dem Off kam die Bemerkung, ein einziger vergessener Gläubiger könne "das gesamte Insolvenzverfahren sprengen".

Man muß dazu wissen, daß die beiden Klienten von Herrn Zwegat überall in ihrer Wohnung Ordner voller offener Rechnungen aufbewahrten und kaum, daß der Schuldnerberater dachte, er hätte eine vollständige Liste aller Gläubiger und Forderungen erstellt, noch irgendwo ein weiterer Ordner auftauchte.

Mit dem "gesprengten Insolvenzverfahren" kann in diesem Zusammenhang eigentlich nur die Gefahr einer Versagung der Restschuldbefreiung gemeint gewesen sein. Genau genommen wird das Insolvenzverfahren nämlich in Fällen mangelnder Mitwirkung des Schuldners oder sonstiger Obliegenheitsverletzungen nicht etwa aufgehoben oder löst sich in Luft auf, sondern es läuft ganz normal weiter. Allerdings steht am Ende möglicherweise nicht die erhoffte Restschuldbefreiung.

Doch auch die Versagung der Restschuldbefreiung bei einem Fehlverhalten des Schuldners ist kein Automatismus. Noch (Gesetzesänderung in Planung) bedarf es stets des Antrages eines Gläubigers. Kein Antrag, keine Versagung! Wo kein Kläger, da kein Richter.

In unserem Fall kommt aber noch hinzu, daß es gar keinen Versagungsgrund dargestellt hätte, wenn die Eheleute den einen oder den anderen Gläubiger vergessen hätten. Zum Einen hätte man ihnen wohl kaum den nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO erforderlichen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit unterstellen können. Zum Anderen ist § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO im Regelinsolvenzverfahren schon von vornherein gar nicht anwendbar. Die in § 305 InsO normierte Verpflichtung, detaillierte Vermögens- und Gläubigerverzeichnisse zu erstellen, deren Verletzung § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO "unter Strafe stellt", gilt nämlich nur in Verbraucherinsolvenz- sonstigen Kleinverfahren.

Kein Insolvenzverfahren bei Mietschulden?

Mit Mietschulden hat Herr Zwegat irgendwie ein Problem. Seine Standard-Reaktion:

"Mit Mietschulden kann ich Sie nicht ins Insolvenzverfahren schicken."
Eine Begründung hierfür bleibt er leider schuldig und so kann ich nur vermuten, daß Herr Zwegat eine Kündigung wegen vor Stellung des Insolvenzantrages aufgelaufener Mietschulden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für zulässig hält.

In der Tat vertreten einige Stimmen in der insolvenzrechtlichen Literatur die Meinung, daß nach "Freigabe" des Mietverhältnisses durch den Insolvenzverwalter gem. § 109 Abs. 1 InsO die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO entfällt. § 112 InsO untersagt dem Vermieter nach Stellung des Insolvenzantrages durch den Mieter eine Kündigung wegen Verzugs mit der Entrichtung der Miete, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Daß diese Auffassung zutreffend ist und vor Gericht Bestand hätte, halte ich für zweifelhaft, denn es war ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers, den Insolvenzschuldnern einen Neuanfang zu ermöglichen und sie vor dem insofern kontraproduktiven Verlust der Wohnung zu bewahren. Dem Insolvenzschuldner wäre überdies jede Möglichkeit genommen, die Kündigung durch Zahlung der rückständigen Miete zu verhindern, wozu ihm außerhalb des Insolvenzverfahrens § 543 Abs. 2 S. 2 BGB das Recht gibt. Läuft aber einmal ein Insolvenzverfahren, ist es dem Schuldner erstens untersagt, einzelnen Insolvenzgläubigern Sondervorteile zukommen zu lassen, und zweitens wird er auch rein tatsächlich kaum über die erforderlichen Mittel verfügen, denn ihm verbleibt nur das unpfändbare Vermögen. Davon lassen sich in der Regel nicht mal eben zwei rückständige Monatsmieten bezahlen.

Im Übrigen werden es sich auch die Vermieter genau überlegen, ob nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kündigung wegen vor Antragstellung entstandener Mietschulden für sie überhaupt noch wirtschaftlich sinnvoll ist. Kann der Schuldner nämlich im Rahmen des Insolvenzverfahrens seine Vermögensverhältnisse in Ordnung bringen und muß nicht mehr ein Loch aufmachen, um ein anderes zu stopfen, wird er seine Miete fortan auch wieder regelmäßig entrichten (von notorischen Mietschuldnern mal abgesehen).




Eingestellt am 23.11.2007 von K. Woldrich , letzte Änderung: 11.12.2007
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