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Insolvenzrecht: Schuldenbereinigung mit RTL (Insolvenzverfahren, Schuldnerberatung)

Gestern lief mal wieder "Raus aus den Schulden" bei RTL. Vor einiger Zeit hatte ich schon mal eine dieser Sendungen mit "Deutschlands bestem Schuldnerberater" Peter Zwegat gesehen und hier einige Gedanken dazu niedergeschrieben.

Gestern zappte ich in der Werbepause von "Grey´s Anatomy" also wieder mal rüber zu RTL und siehe da, in der Sendung besuchte Herr Zwegat einige seiner "alten Fälle" und schaute nach, wie sich ihre Situation in der Zwischenzeit verändert hatte. Der Zufall wollte es, daß er gerade bei dem Pärchen war, um das es in der ersten und bisher einzigen Folge, die ich aus dieser Reihe gesehen hatte, ging.

Schon damals war mir manches etwas spanisch vorgekommen. Warum muß man vor Stellung des Insolvenzantrages noch schnell die letzten Wertgegenstände bei ebay versteigern, um aus dem Erlös rückständige Mieten zahlen und der Tante das Geld, das sie dem Pärchen für einen Autokauf geliehen hatte, zurückgeben zu können?

Ohne die genauen Umstände zu kennen (so sehr geht RTL natürlich nicht ins Detail, es soll ja unterhaltsam sein...) sieht letzteres ganz klar nach einer die übrigen Gläubiger benachteiligenden und anfechtbaren Zahlung aus. Hinsichtlich der Miete war meines Erachtens auch nicht unbedingt Handlungsbedarf gegeben. Ist nämlich das Insolvenzverfahren erstmal eröffnet, darf der Vermieter wegen vor Eröffnung nicht gezahlter Miete gar nicht mehr kündigen, § 112 Nr. 1 InsO. Zu rechtfertigen wäre diese Zahlung allenfalls dann, wenn die Kündigungsvoraussetzungen schon vorgelegen hätten und mit der Kündigung noch während des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches zu rechnen gewesen wäre. Ob´s so war, erfährt der Zuschauer aber leider nicht.

Und noch etwas anderes hat mich verwundert: Herr Zwegat war ganz versessen darauf, das Haus der Familie, welches eher eine Bauruine war, unbedingt zu verkaufen, bevor er seinen Klienten in das Verbraucherinsolvenzverfahren schickt. Begründung: Wenn das Haus nicht verkauft wird, kennt man die Höhe der Restschulden nicht.
Das mag ja sein, spielt nach meiner Meinung aber gar keine Rolle! Für Kauf und Ausbau des Hauses hatte der Schuldner Kredite in Höhe von ca. € 200.000,- aufgenommen. Der Wert des Hauses lag bei nicht mehr als € 40.000,-. Selbst wenn das Haus also hätte verkauft werden können, wären € 160.000,- fällige Verbindlichkeiten übrig geblieben, die aus dem Familieneinkommen niemals zu bezahlen gewesen wären. Der Insolvenzgrund "Zahlungsunfähigkeit" hätte mit einem Verkauf des Hauses also unter keinen Umständen aus der Welt geschafft werden können. Wozu also warten?

Gut, ein Argument mag es geben, nur leider wurde das nicht erwähnt: Kann auch der Insolvenzverwalter/Treuhänder das Grundstück nicht freihändig verkaufen und findet sich im Zwangsversteigerungsverfahren kein Bieter, kann der Insolvenzverwalter/Treuhänder das Grundstück freigeben. Damit hat es der Schuldner wieder am Hals und mit ihm die öffentlichen Lasten, wie etwa die Grundsteuer. Kann er die aus seinem laufenden pfändungsfreien Einkommen nicht aufbringen, häufen sich unter Umständen schon während des Insolvenzverfahrens neue Schulden an, für die es am Ende keine Restschuldbefreiung gibt.

Da es aber offenbar immer Interessenten für das Grundstück gab, ist unklar, weshalb man nicht einfach das Insolvenzverfahren eingeleitet, dem Insolvenzverwalter/Treuhänder die Kaufinteressenten präsentiert und ihn (wegen § 313 Abs. 3 InsO ggf. nach gesonderter Ermächtigung oder mit Zustimmung der Bank) den Verkauf erledigen lassen hat.

Gestern nun stellte sich heraus, daß die gewählte Vorgehensweise in der Tat zu Komplikationen führte. Man erfuhr nämlich, daß das Haus noch immer nicht verkauft werden konnte. Zwar gebe es einen ernsthaften Interessenten, jedoch hätten sich zwischenzeitlich zwei weitere Gläubiger "ins Grundbuch eintragen lassen" und blockierten nun den Verkauf.
Es gibt also zwei Gläubiger, die im Zwangsvollstreckungsverfahren eine sog. Zwangssicherungshypothek erwirkt haben. Solange eine solche Hypothek im Grundbuch steht, wird sich kaum ein Käufer für das Grundstück finden. Die Gläubiger nutzen diesen Umstand natürlich, um noch ein bißchen Geld für sich "rauszupressen". Man spekuliert darauf, daß sich schon irgendwer - sei es die Bank, die das Kreditengagement endlich zu den Akten legen will, oder der Interessent, der das Grundstück unbedingt haben möchte - zur Zahlung einer sog. Lästigkeitsprämie durchringt.

Wäre das Insolvenzverfahren gleich eingeleitet worden, hätten die beiden nun den Verkauf verkomplizierenden Gläubiger ihre Zwangssicherungshypotheken gar nicht mehr erwirken können, denn dem hätte das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO entgegengestanden. Dumm gelaufen! Und nun?

Herr Zwegat besteht immer noch darauf, daß erst das Haus verkauft werden muß, ehe ein Insolvenzverfahren in Frage kommt. Da liegt aus meiner Sicht der zweite Fehler. Würde jetzt nämlich so schnell wie möglich ein Insolvenzantrag gestellt, könnten die beiden Gläubiger von ihren Zwangssicherungshypotheken möglicherweise gar keinen Gebrauch mehr machen. Nach §§ 88, 312 Abs 1 InsO sind in den letzten drei Monaten vor Stellung des Verbraucherinsolvenzantrages durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangte Sicherungen unwirksam. Hiervon wären auch die Zwangssicherungshypotheken betroffen und die Gläubiger könnten den Grundstücksverkauf nicht länger blockieren.

Sofern es also noch nicht zu spät ist, die Zwangssicherungshypotheken also nicht schon länger als drei Monate im Grundbuch stehen, sollte der Insolvenzantrag lieber früher als später gestellt werden, um einen reibungslosen Grundstücksverkauf zu gewährleisten.

Nächste Woche werde ich "Raus aus den Schulden" mal aufnehmen und in Ruhe anschauen. Es scheint sich zu lohnen und ist möglicherweise ein sprudelnder Quell der Inspiration für weitere Beiträge auf dieser Seite ;-)

Nachtrag: Schade, daß ich die Folge letzte Woche verpaßt habe. Da werden sich alle Steuerberater die Hände gerieben haben, denn Herr Zwegat soll dem insolvenzreifen Schuldner empfohlen haben, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch schnell die Steuerberaterrechnung zu begleichen. Grund war wohl die Weigerung des Steuerberaters, einige Unterlagen seines Mandanten herauszugeben, solange die Rechnung offen ist. Ob das eine glasklare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger zu rechtfertigen vermag, wage ich zu bezweifeln.




Eingestellt am 18.10.2007 von K. Woldrich , letzte Änderung: 11.12.2007
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1 Kommentar zum Artikel "Insolvenzrecht: Schuldenbereinigung mit RTL (Insolvenzverfahren, Schuldnerberatung)":

Am 21.11.2008 schrieb (anonym) folgendes:
Hallo,
ich fand Ihren Kommentar sehr interessant.
Wir hatten im März 08 auch ein Fernsehteam bei uns zu Gast, allerdings von einem anderen Sender.
Dagegen leistet Herr Zwegat noch gute Arbeit.
Wir müssen alles selbst machen, mit den Gläubigern in Verbindung setzen wegen der genauen Schuldsumme, die Gläubiger anschreiben usw.
Ich hatte mir mehr Hilfe erhofft, da mein Mann Kraftfahrer ist und nie zu Hause. Ich selbst bin psychisch krank und normalerweise nicht in der Lage dieses zuverlässig zu erledigen.
Dieses wußte die Rechtsanwältin für Insolvenzrecht und auch das Fernsehteam.
Es wurde alles ignoriert, auch die Berechnungen mit Lohn und Abgaben, die über den Sender liefen waren ein Witz.
Mir wurde gesagt ich mach alles richtig und geb nicht zu viel Geld aus. Das stimmt, ich selbst gönn mir nichts, aber wo ist dann der monatliche Überschuß hin?
Es hat Monate gedauert bis wir alle Informationen von den Gläubigern hatten. Leider zu spät. Diese Woche kam ein Antrag auf Insolvenz.
Ich werde trotzdem versuchen die Gläubiger für einen Schuldenbereinigungsplan zu überzeugen.
Ob das jetzt alles richtig ist was wir machen, weiß ich nicht.
Jedenfalls kann ich behaupten, das es nicht für jeden gut ist, sich Hilfe vom Fernsehen zu holen.
Wir wissen jetzt wie es dort zu geht, aber das alles hier hinein zu schreiben, würde den Rahmen sprengen.

Liebe Grüße

A.

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