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Nichtigkeit von Entgeltklauseln im Girogeschäft: Preis pro Buchungsposten

Bei vielen Personen sind die Urteile des Bundesgerichtshofes vom 27.01.2015 (Az.: XI ZR 174/13) und 28.07.2015 (Az.: IX ZR 434/14) trotz ihrer Brisanz und Medienpräsenz wieder in Vergessenheit geraten, sodass zahlreiche Betroffene ihre Bereicherungsansprüche bislang noch nicht gegenüber ihrem Kreditinstitut geltend gemacht haben.
Aus diesem Grund möchten wir nun nochmals auf die oben genannte höchstrichterliche Rechtsprechung eingehen und Ihnen die weitere Vorgehensweise kurz erläutern.
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2015 ist die unterschiedslos auf sämtliche Buchungen bezogene Bestimmung in dem Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank
„Preis pro Buchungsposten 0,35 EUR“
nach § 307 III 1 BGB kontrollfähig und nach § 307 I 1 BGB gegenüber Verbrauchern unwirksam, weil sie zu deren Nachteil von 675y BGB abweicht. Denn die Klausel ist so auszulegen, dass sie auch Buchungen bepreist, die bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags anfallen. Nach § 675y I 2, II 2, IV BGB hat der Zahlungsdienstleister, also die Bank oder Sparkasse, in einem solchen Fall jedoch keinen Anspruch auf ein Entgelt, sodass die oben genannte Klausel hiergegen verstößt.
Mit Urteil vom 28.07.2015 wurde diese Rechtsprechung auf Unternehmer ausgeweitet. Die unterschiedslos auf sämtliche Buchungen bezogene Bestimmung in dem Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank
„Preis pro Posten 0,32 EUR“
ist sowohl nach § 134 BGB i.V.m. § 675e I, IV, 675u BGB nichtig, als auch nach § 307 I 1 BGB ebenfalls gegenüber Unternehmern unwirksam, weil sie zu deren Nachteil von 675u BGB abweicht. Für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts ergibt sich die Unangemessenheit der Klausel auch aus dem Umstand, dass nach der beanstandeten Klausel auch Ein- und Auszahlungen bepreist werden, für die nach den gesetzlichen Regelungen des Darlehens und der unregelmäßigen Verwahrung kein Entgelt vorgesehen ist.
Folge dieser neuen Rechtsprechung ist, dass die Betroffenen die an ein Kreditinstitut gezahlten Entgelte „Preis pro Buchungsposten (…oder…) Preis pro Posten“ nach § 812 I 1 BGB von diesem erstattet verlangen können.
Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist begann gemäß § 199 III Nr. 1 BGB mit der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, mithin – nach unserer Auffassung - mit dem Schluss des Jahres 2015 und endet damit mit dem Schluss des Jahres
2018.
Darüber hinaus gilt unseres Erachtens gemäß § 199 III Nr. 1 BGB eine kenntnisunabhängige Verjährungsfrist von zehn Jahren. Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Entgelte für das Jahr 2006 verjähren demnach mit Ablauf des
31.12.2016.
Die Kreditinstitute haben sich bislang zwar weitestgehend darauf berufen, dass der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs die erforderliche Kenntnis grundsätzlich dann hat, wenn er die Leistung und die Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt und eine zutreffende rechtliche Beurteilung hierzu nicht erforderlich ist. Dem ist an sich zuzustimmen.
Die Kreditinstitute übersehen dabei jedoch, dass den Kunden die Preis- und Leistungsverzeichnisse zu keinem Zeitpunkt übersandt, diese oftmals nach ein bis zwei Monaten wieder geändert werden und nur die aktuelle Fassung des Verzeichnisses der jeweiligen Bank auf ihrer Homepage abrufbar ist.
Den Bankkunden, also Ihnen, war demnach gar nicht bewusst, dass ihr Kreditinstitut Buchungsposten ohne Ausnahme bepreist.
Darüber hinaus kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein, wenn die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft ist, sodass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Denn dann fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.
Wir gehen davon aus, dass hier ein solcher Fall gegeben ist. Dies folgt daraus, dass der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.05.1996 (Az.: XI ZR 217/95) entschieden hatte, dass Postenpreisklauseln keinen Verstoß gegen § 9 AGBG enthalten, sofern dem Kunden zugleich mindestens fünf Freiposten im Monat gewährt werden. § 9 AGBG entspricht weitestgehend dem jetzigen § 307 BGB.
In dem, dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt, wurde ebenfalls unterschiedslos auf sämtliche Buchungen der Postenpreis erhoben.
Wie bereits bei den von den Kreditinstituten erhobenen Bearbeitungsentgelten bzw. Darlehensgebühren stand der Zumutbarkeit der Klageerhebung daher die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, die Postenpreisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebilligt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, Az.: XI ZR 348/13).
Aus diesem Grund kann vorliegend die Verjährungsfrist des § 199 I BGB für Rückforderungsansprüche wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Entgeltposten erst mit dem Schluss des Jahres 2015 zu laufen begonnen haben.
Um die Verjährung zu hemmen, müssen die Ansprüche bezüglich des Jahres 2006 bis zum Jahresende 2016 in verjährungshemmender Weise geltend gemacht werden.
Betroffene sollten demnach die Vertragsunterlagen der letzten zehn Jahre überprüfen, die – sofern erfolgt – rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen zusammenstellen und ihr Kreditinstitut unter Fristsetzung zur Zahlung der Entgelte nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Zahlung auffordern.
Sollten Ihnen die Preis- und Leistungsverzeichnisse Ihrer Bank bezüglich des jeweiligen Zeitraums nicht vorliegen, sollten Sie mit dem Zahlungsbegehren zudem Auskunft über die Gestaltung der Preis- und Leistungsverzeichnisse durch Übersendung des jeweils zum Zahlungszeitpunkt gültigen Preis- und Leistungsverzeichnisses verlangen.

Bitte beachten Sie schließlich, dass die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren durch Ihr Kreditinstitut nur dann in Betracht kommt, wenn dieses sich in Verzug befindet, mithin Sie es vor der Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Zahlung aufgefordert hatten.



Eingestellt am 17.03.2016 von P.Buhmann
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