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Insolvenzrecht / Arbeitsrecht: Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen in der Krise
Allerdings ist nicht jede kurz vor der Insolvenz geleistete Zahlung anfechtbar.
Grundsätzlich gilt folgendes:
Der für die Anfechtung von Lohnzahlungen in der Regel relevante § 130 InsO sieht vor, daß eine Rechtshandlung angefochten werden kann, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, der Schuldner (Arbeitgeber) zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger (Arbeitnehmer) zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Daneben sind auch Zahlungen anfechtbar, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden, wenn der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit oder den Insolvenzantrag kannte.
Hat der Arbeitgeber auch in der Krise noch regelmäßig die Löhne gezahlt, scheidet eine Anfechtung in aller zumeist aus. In diesen Fällen liegt ein sogenanntes Bargeschäft (§ 142 InsO) vor, welches bis auf eine, für Arbeitnehmer wohl nur selten relevante Ausnahme unanfechtbar ist. Es kommt dann nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer die Zahlungsunfähigkeit oder den Insolvenzantrag des Arbeitgebers kannte.
Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits in Verzug war und rückständigen Lohn vor oder nach Einreichung des Insolvenzantrages doch noch auszahlt. Ein Bargeschäft liegt in diesem Fall nicht vor.
Bei Zahlungen während der letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages kommt es für die Anfechtung des Insolvenzverwalters nun darauf an, ob der Arbeitgeber bereits zahlungsunfähig war und ob der Arbeitnehmer die Zahlungsunfähigkeit kannte bzw. Kenntnis von Umständen hatte, die auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen.
Häufig sind von Lohnrückständen weite Teile der Belegschaft betroffen. Auch wissen Arbeitnehmer zumeist, daß auch ihre Kollegen ihren Lohn nicht pünktlich erhalten haben. Der Bundesgerichtshof hatte sich nun in einem aktuellen Fall mit der Frage zu beschäftigen, ob dieses Wissen allein ausreicht, um auf die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers schließen zu können. Das Gericht hat die Frage mit Urteil vom 19. Februar 2009 (Az.: IX ZR 62/08) verneint:
Weiß ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldig ist, rechtfertigt allein diese Kenntnis nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Arbeitgebers.
§ 130 InsO verlangt Kenntnisse von den konkreten Umständen, die eine eindeutige Einschätzung der Liquiditätslage des Unternehmens erlauben. Ein Arbeitnehmer hat jedoch, insbesondere wenn er weder in der Finanzbuchhaltung des Unternehmens eingesetzt ist noch Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich wahrnimmt, in aller Regel keinen ausreichenden Überblick über die finanzielle Gesamtsituation des Arbeitgebers. Er kann allenfalls Schlußfolgerungen allgemeiner Art wie diejenige auf Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen oder eine Tendenz zum Vermögensverfall ziehen.
Von dem klagenden Insolvenzverwalter wurde noch die Frage aufgeworfen, ob ein durch Lohnrückstände bereits alarmierter Arbeitnehmer Erkundigungen zur finanziellen Situation des Unternehmens einholen müßte. Auch das lehnt der BGH aber ab:
Ist der Gläubiger ein Arbeitnehmer des Schuldners ohne Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens, trifft ihn in der ihm bekannten Krise insoweit keine Erkundigungspflicht.
Zahlungen, die vor Stellung des Insolvenzantrags auf rückständige Löhne und Gehälter geleistet werden, sind im Ergebnis nur in Ausnahmefällen (Leitungsposition, Einblick in Finanzbuchhaltung) anfechtbar.
Kritischer sind hingegen Zahlungen, die erst nach Stellung des Insolvenzantrages erfolgten. Hier reicht es bereits aus, daß der Arbeitnehmer, etwa durch eine Mitteilung des Arbeitgebers, von diesem Antrag wußte.
Eingestellt am 05.03.2009 von K. Woldrich
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