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Insolvenzrecht: Zahlung nach Zustellung eines Vollstreckungsbescheides (Insolvenzanfechtung)

Gläubiger sind oft fassungslos, tritt der Insolvenzverwalter mit der eindringlichen Bitte an sie heran, eine vom Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistete Zahlung zurückzuerstatten. Es ist Gläubigern in der Tat schwer zu vermitteln, daß sie Zahlungen, auf die sie einen (möglicherweise sogar schon gerichtlich bestätigten) Anspruch hatten, nicht behalten dürfen. Bei objektiver Betrachtung findet man hierfür natürlich schon einen legitimen Grund: Zahlungen, die der Schuldner geleistet hat, als er sich bereits in der Krise befand, sollen unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff InsO an den Insolvenzverwalter zurückerstattet werden, welcher sie dann am Ende des Verfahrens gleichmäßig auf alle Gläubiger verteilt. So sollen die Folgen des sog. Gläubigerwettlaufs gemindert und für eine gewisse Gläubigergleichbehandlung gesorgt werden. Zu den §§ 129 ff InsO gibt es inzwischen einen Berg von Rechtsprechung.

So auch zu § 131 InsO.

Es galt z.B. zu klären, was der Gesetzgeber mit einer "...Befriedigung..., die er [der Gläubiger] nicht in der Art... zu beanspruchen hatte..." meinte.
Der Bundesgerichtshof entschied dazu u.a., daß eine Zahlung - das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 131 InsO unterstellt - dann anfechtbar ist, wenn sie unter dem Druck drohender oder bereits eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleistet wurde.

Nun gab es offensichtlich Insolvenzverwalter, die in großzügiger Auslegung dieser Rechtsprechung oder (was ich nicht hoffe) in Verkennung der Tatsache, daß ein Vollstreckungsbescheid, möge es der Name auch noch so nahelegen, noch nichts mit der Androhung der Zwangsvollstreckung oder gar ihrer Einleitung zu tun hat, Zahlungen anfechten wollten, die der Schuldner leistete, nachdem ihm ein Vollstreckungsbescheid zugestellt wurde. Das ging dem BGH dann doch zu weit, und er stellte klar, daß Zahlungen nicht schon dann inkongruent sind, wenn zuvor zwar ein Vollstreckungsbescheid zugestellt, die Zwangsvollstreckung aber weder angedroht, noch eingeleitet wurde (BGH, Urteil vom 07.12.2006, Az. IX ZR 157/05). Der Gläubiger muß also neben der Erwirkung des Titels noch weiteren Druck auf den Schuldner ausgeübt haben.

Aber Achtung: Das heißt nicht, daß eine solche Zahlung nun überhaupt nicht mehr anfechtbar ist. Kannte der Gläubiger z.B. die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder wußte er von dem Insolvenzantrag bzw. hatte er Kenntnis von Umständen, aus denen er auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Insolvenzantrag schließen konnte, ist die Zahlung nach § 130 InsO als kongruente Deckung (vertragsgemäße Zahlung, auf die man einen einredefreien, fälligen Anspruch hatte) anfechtbar.




Eingestellt am 09.10.2007 von K. Woldrich , letzte Änderung: 18.10.2007
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