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Teure Ahnenforschung (genealogie.de)

Es gibt Betreiber von Internetseiten, die die mit der Inanspruchnahme ihres Services verbundenen Kosten möglichst lange geheimhalten wollen. Im Idealfall meldet sich der interessierte Nutzer auf der Seite an, gibt ein paar persönliche Daten (inkl. Adresse versteht sich) ein, erhält ein mehr oder weniger brauchbares Ergebnis, loggt sich wieder aus und hat bis dahin keine Ahnung, daß das Angebot kostenpflichtig ist - und irgendwann kommt die Rechnung!

Zu diesen Seiten gehört auch genealogie.de, deren Mahnungen mir ein Mandant gestern vorgelegt hat.

Die Website ist schön bunt und kommt im Web-2.0-Look daher. Es gibt ein Gewinnspiel, und die Anmeldung ist kinderleicht.

Daß das Ganze etwas kosten soll, findet man nur nach einer gezielten Suche heraus. Selbst auf meinem 19"-Bildschirm kann man den Link zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen sich der Preis verbirgt, nur entdecken, wenn man auf der Startseite runterscrollt. Ganz unten, in Schriftgröße 5 und in dezentem Hellgrau auf weißem Untergrund gehalten, findet sich besagter Link. Ein Klick und es öffnen sich die AGB. Dort steht unter "II. 4. Preise, Zahlungsbedingungen" nicht etwa der Preis des Angebots, sondern es wird auf eine weitere Vorschrift weiter unten im Kleingedruckten ("II. 7. Pflichten des Nutzers") verwiesen. Dort endlich hat die Suche ein Ende: € 60,- "einmaliges Nutzungsentgelt".

Einmaliges Nutzungsentgelt? Klingt, als hätte man mit Zahlung der 60 Euro lebenslangen Zugriff auf den Datenbestand von genealogie.de. Weit gefehlt, denn nach 12 Monaten ist Schluß. Das wiederum steht nicht unter "II. 7. Pflichten des Nutzers", sondern unter "II. 6. Rechte des Nutzers". Da soll noch einer durchblicken!

Immerhin gibt es gegen Ende des Registrierungsprozesses noch einmal einen winzigen und am unteren Seitenrand untergebrachten Hinweis auf die anfallenden Kosten.

In aller Regel wird der Nutzer die Kostenpflichtigkeit des Angebots übersehen und reibt sich verwundert die Augen, wenn er kurz nach der Aktivierung seines Zugangs eine saftige Rechnung per eMail präsentiert bekommt. Zahlt er daraufhin nicht, verschickt der Seitenbetreiber zunächst selbst Mahnungen und zieht später eine Bonner Rechtsanwaltskanzlei hinzu, die den Rechnungsbetrag zuzüglich Mahnkosten, Anwaltskosten und Zinsen (insg. ca. € 92,-) einfordert und für den Fall der Nichtzahlung mit gerichtlichen Schritten droht.

Sollte man also lieber zahlen, zumal man auf der Internetseite besagter Kanzlei in den FAQ erfährt, daß in vergleichbaren Fällen bereits Urteile (werden dort auch zum Download angeboten) gegen Nutzer erwirkt worden seien?

Wohl eher nicht! Nach unserer Auffassung und jener von Verbraucherschutzvereinigungen besteht eine Zahlungspflicht mangels wirksam geschlossenen Vertrages i.d.R. nicht. Daran ändern auch die besagten Urteile nichts, denn bei diesen handelt es sich um Versäumnisurteile. Solche Urteile ergehen immer dann, wenn der Beklagte es - aus welchen Gründen auch immer - unterläßt, sich gegen die Klage zu verteidigen oder nicht zu einem Verhandlungstermin vor Gericht erscheint. Es wird dann vom Gericht gar nicht erst geprüft, ob der eingeklagte Anspruch tatsächlich besteht, sondern der Beklagte wird - quasi zur Strafe für seine Nachlässigkeit - ohne weitere Vorwarnung im Sinne des Klägers zur Zahlung verurteilt. Insofern sind diese Urteile kein Beleg für die Rechtmäßigkeit der Forderung des Seitenbetreibers und allenfalls zur Einschüchterung des Rechtsunkundigen geeignet.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch ein Urteil des Amtsgerichts München vom 16.01.2007 (161 C 23695/06), aus welchem klar hervorgeht, daß eine Zahlungspflicht des nicht hinreichend über den Preis aufgeklärten Nutzers nicht besteht.

Zunächst kann man die Mahnungen also getrost knicken, lochen und abheften. Sollte allerdings Post vom Gericht kommen (Mahnbescheid oder Klage) gilt das nicht. Spätestens hiergegen müssen Sie sich innerhalb bestimmter Fristen verteidigen, ansonsten kann die Bonner Inkasso-Kanzlei ihrer Sammlung ein weiteres Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid hinzufügen.



Eingestellt am 06.11.2007 von M. Kuttla , letzte Änderung: 11.12.2007 von K. Woldrich
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