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Kindergeldanspruch im Falle der Aufnahme eines Masterstudiums

Bei minderjährigen Kindern wird das Kindergeld bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne weitere Bedingungen gezahlt. Bei volljährigen Kindern ist dies anders. Diesen steht aber bei Vorliegen spezieller Voraussetzungen ebenfalls bis zum 25. Lebensjahr ein Kindergeldanspruch zu.
Ob ein volljähriges Kind bei den Kindergeldzahlungen Berücksichtigung findet, beurteilt sich nach § 63 Absatz 1 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 32 Absatz 4 EStG. Bei Volljährigen, die noch studieren oder eine Lehre absolvieren, ist in den meisten Fällen ausschlaggebend, ob die Ausbildung eine Erst- oder eine Zweitausbildung darstellt. Denn nach § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2a EStG wird ein „Kind“ – ohne das weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssten – nämlich dann berücksichtigt, wenn es noch für einen Beruf ausgebildet wird. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein „Kind“ hingegen nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Dass die Unterscheidung einer Erst- von einer Zweitausbildung von den Behörden nicht immer zutreffend vorgenommen wird, beweist die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 03.09.2015 (Az.: VI R 9/15).
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall begehrte die Klägerin ab Mai 2013 Kindergeld für ihren im Jahr 1988 geborenen Sohn. Dieser hatte bereits im April 2013 den Studiengang Wirtschaftsmathematik mit dem Bachelorabschluss beendet. Für das im Oktober 2012 beginnende Semester war er bereits für den Masterstudiengang ebenfalls im Bereich Wirtschaftsmathematik eingeschrieben und führte diesen Studiengang nach Erlangung des Bachelor-Abschlusses fort. Der Sohn der Klägerin war im Jahr 2013 als studentische Hilfskraft mit einer monatlichen Beschäftigungszeit von 80 Stunden beschäftigt. Daneben gab er wöchentlich 1,5 Stunden Nachhilfe.
Die Familienkasse gewährte aus diesem Grund kein Kindergeld, weil sie davon ausging, dass der Masterstudiengang eine Zweitausbildung darstelle und der Sohn der Klägerin einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Die Behörde handelte dabei im Einklang mit dem Bundesministerium für Finanzen. Denn dieses hatte in seinem Schreiben vom 07.12.2011 (BStBl 2011 I S. 1243) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Bachelorgang einer inländischen Hochschule ein berufsqualifizierender Abschluss sei, sodass selbst ein Masterstudium, welches auf einem Bachelorstudiengang aufbaut, als Zweitstudium anzusehen sei.
Der Bundesfinanzhof hat hingegen der Klägerin Recht gegeben und ihr den Kindergeldanspruch zugebilligt, weil der Masterstudiengang – im vorliegenden Fall – bereits eine Erstausbildung darstelle. Auf die Erwerbstätigkeit des Sohnes kam es aus diesem Grund nicht mehr an.
Die Entscheidung stützt sich auf folgende Erwägungen:
Die Voraussetzung „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ im Sinne des § 63 Absatz 4 Satz 2 EStG liegt erst dann vor, wenn das Kind befähigt ist, einen von ihm angestrebten Beruf auszuüben. Dies hat zur Folge, dass auch erst dann der Verbrauch der Erstausbildung eintreten kann.
Viele werden denken, dass hierfür genügt, wenn eine einzige Ausbildung erfolgreich absolviert wird. Dem ist aber nicht so. Da es nämlich auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ nicht bereits mit dem ersten objektiv berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt, also dass ein enger sachlich und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem ersten und dem zweiten Berufsabschluss besteht.
Ein solcher war in dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall gegeben.
Bei der Prüfung des sachlichen Zusammenhangs ist nämlich darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen Bereichs im Zusammenhang stehen. Bei einem Masterstudium, welches auf einem Bachelorstudium aufbaut, kann hieran nicht gezweifelt werden. Nicht anders war die Frage nach dem engen zeitlichen Zusammenhang zu beurteilen, weil das Masterstudium bereits aufgenommen worden war, bevor das Bachelorstudium seinen Abschluss gefunden hatte. Ein enger zeitlicher Zusammenhang erfordert lediglich, dass das Kind nach dem Erwerb eines ersten Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Nur wenn im Anschluss an einen solchen Abschluss der weitere Ausbildungsabschnitt nicht aufgenommen wird, obwohl damit begonnen werden könnte, und der Entschluss zur Fortsetzung auch sonst nicht erkennbar wird, wird der Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs aufgehoben.
Nunmehr ist hoffentlich davon auszugehen, dass auch die Familienkasse diese Grundsätze anwenden wird. Dies folgt daraus, dass das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 08.02.2015 (Gz.: IV C 4 – S 2282/07/0001-01) eine geänderte Verwaltungsanweisung erteilt, nämlich dass ein Zusatz-, Ergänzungs- oder Aufbaustudium dann ein Erststudium darstellt, wenn es auf dem ersten Studienabschluss des Kindes aufbaut und in einem engen zeitlichen Zusammenhang aufgenommen wird. Die vom Bundesfinanzhof aufgestellten Grundsätze wurden damit vollumfänglich übernommen.
Sofern Sie nach dem Vorstehenden davon ausgehen sollten, dass Ihnen die Familienkasse zu Unrecht den Kindergeldbezug versagt hat, sollten Sie gegen diese Entscheidung unbedingt Einspruch einlegen. Berufen Sie sich dabei auf das hier besprochene Urteil. Sollten Sie sich eine eigene Einspruchseinlegung nicht zutrauen oder die Sachlage einfach nochmal umfassend geprüft wissen, beauftragen Sie – am besten einen in Steuerangelegenheiten bewanderten – Rechtsanwalt. Dieser wird genau beurteilen können, ob Erfolgsaussichten bestehen oder nicht.


Eingestellt am 22.03.2016 von P.Buhmann
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