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Gesellschaftsrecht: Weitere Aufweichung von § 64 Abs. 2 GmbHG (Geschäftsführerhaftung)

Bei Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH muß sich der Geschäftsführer stets in acht nehmen. Er läuft dabei nämlich Gefahr, diese dem späteren Insolvenzverwalter aus seinem Privatvermögen erstatten zu müssen.

Natürlich gilt das nicht für jede Zahlung, sondern nur für solche, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Die Frage, was dies zu bedeuten hat, wurde in der Vergangenheit mit einer Faustformel beantwortet: All jene Forderungen, die auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter begleichen würde, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, darf ein Geschäftsführer befriedigen, ohne hierfür später in Regreß genommen werden zu können.

Die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen hielt der II. Zivilsenat des BGH lange Zeit nicht für mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar. Klar, die Betriebsfortführung hängt hiervon nicht unmittelbar ab und auch den Gläubigern erwachsen im Gegenzug keine Vorteile. Der Geschäftsführer stand aber vor dem Problem, sich strafbar zu machen, wenn er die Arbeitnehmeranteile nicht abführt. Vor diesem Hintergrund knickten die Richter des II. Zivilsenats schließlich vor ihren Kollegen des 5. Strafsenats ein und gestatteten den Geschäftsführern auch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (wir berichteten).

Es scheint nun, als sei damit ein Damm gebrochen, durch den es nun kräftig durchsickert.

Laut einer aktuellen Pressemitteilung hat der BGH mit Urteil vom 05. Mai 2008 (Az. II ZR 38/07) nämlich entschieden, daß auch durch ein gesellschaftsrechtliches Treueverhältnis motivierte Zahlungen nicht zwingend Ersatzansprüche des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer auslösen.

In diesem Fall sei der Geschäftsführer einer Konzerngesellschaft, die Gelder anderer Konzerngesellschaften in Empfang genommen hatte, einerseits gehalten gewesen, diese für die Insolvenzmasse der GmbH zu sichern, andererseits mußte er aufgrund des Treueverhältnisses zu den anderen Gesellschaften die Gelder an deren Gläubiger auszahlen. Diese Pflichtenkollision verglich der BGH mit der oben beschriebenen Situation, dass ein Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung unter Verstoß gegen § 64 Abs. 2 GmbHG zahlt, um sich nicht strafrechtlicher Verfolgung nach § 266 a StGB auszusetzen.

Auf den ersten Blick sind die Zwangslagen aus meiner Sicht nicht vergleichbar, ist es doch ein beträchtlicher Unterschied, ob ein Handeln oder Unterlassen zur Strafbarkeit oder "nur" zu zivilrechtlichen Ersatzansprüchen der Konzerngesellschaften führt. Möglich wäre natürlich auch, daß der BGH eine mögliche Strafbarkeit des Geschäftsführers wegen Untreue nach § 266 StGB vor Augen hatte. Dazu ergibt sich allerdings aus der Pressemitteilung nichts, vielleicht aber aus dem noch nicht veröffentlichten Urteil.

Obwohl den Geschäftsleitern durch dieses Urteil das Leben wieder ein Stück leichter gemacht wurde, sollten sie im Falle der Insolvenzreife stets fachkundigen Rat einholen, denn im Umfeld eines Insolvenzantrages liegen noch viele Fallstricke.



Eingestellt am 08.05.2008 von K. Woldrich
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